Kaboom! – Afrikanische Comics im Fokus

Einführung

Welches Potential hat das Medium Comic in der Geschichtswissenschaft und welche verschiedenen Ebenen bieten Comics für die historische Forschung? Wie steht es um die afrikanische Comic-Kultur, oder besser, um die afrikanischen Comic-Kulturen? Diese Fragen sollten 2015 im Rahmen einer zweisemestrigen Lehrveranstaltung der Basler Afrika Bibliographien an der Universität Basel mit dem Titel Afrikanische Comics / Afrika in Comics behandelt werden, um auf Grundlage der erarbeiteten Resultate eine Ausstellung zu produzieren, die im Dezember 2015 eröffnet wurde. 2018 wurde mit der Arbeit an einer zweiten, überarbeiteten Auflage des Buches Kaboom! Afrikanische Comics im Focus begonnen. Im Rahmen dieser Arbeit wurde diese Online-Ausstellung konzipiert.

 

Blick in die Ausstellung.

Das Projekt führte zu einer aussergewöhnlichen mehrjährigen Auseinandersetzung des gesamten Bibliotheksteams mit dem Medium Comic. Für das Comics-Ausstellungsprojekt der BAB mussten Comics vorhanden sein. Dank unserer Ankäuferin in Windhoek war Namibia sehr gut abgedeckt. Die restlichen Comics wurden über konventionelle Antiquariats-, Buchhandels- oder Verlagsrecherchen gefunden. In einer Anschaffungsreise nach Kapstadt konnten südafrikanische Comics von weniger bekannten AutorInnen erworben werden. Die Bibliothek der BAB verfügte Mitte 2018 über 475 Comics und 67 Cartoon-Publikationen.

 

In jedem Comic spiegeln sich die Ideologien der Zeit und der Gesellschaft wider, in der er entstanden ist. Ängste und Antagonismen finden in Bildern und Symbolen ihren Ausdruck. Aus diesem Grund ist es uns ein Anliegen, das Afrikabild, sowohl die Aussen- als auch die Innenperspektive, differenziert zu repräsentieren. In der Ausstellung werden anhand von Fallbeispielen Comics vorgestellt, die sich über alle Regionen Afrikas südlich der Sahara erstrecken.

 

Komplementär zu den afrikanischen Beispielen wird in der Ausstellung das europäische Afrikabild thematisiert, ausgehend vom 15. Jahrhundert bis zu den Stereotypisierungen der heutigen Zeit. Besondere Aufmerksamkeit erfährt das Afrikabild in der Schweiz, das anhand des Fallbeispiels Globis Weltreise behandelt wird. Derartige Darstellungen Afrikas wurden erst spät kritisch hinterfragt und führten zu Fragen darüber, wie Neuauflagen angepasst werden müssten.

 

Comics dienen nicht bloss der reinen Unterhaltung, sondern können auch zur Vermittlung bestimmter Sachverhalte genutzt werden. Diese Comics zählen zum Genre der Sach- oder Bildungscomics und sind für die Behandlung der Comic-Kultur auf dem afrikanischen Kontinent von grosser Bedeutung. Das südafrikanische Autorenkollektiv Storyteller Group hat Comics zu verschiedenen Themen mit Bildungsanspruch veröffentlicht. Als Fallbeispiele sind die von ihnen publizierten Comics Earth Shakers und Heart to Heart vertreten. Da diese Austellung von Studierenden der Geschichte verfasst wurde, dürfen Bildungscomics mit historischen Inhalten natürlich nicht fehlen. Fallbeispiele sind die Comics Vusi Goes Back und der biographische Comic Nelson Mandela.

 

Der Gedanke, Comics und auch Cartoons als politische Propaganda einzusetzen, liegt nahe. Denn gerade die visuelle Form des Mediums eignet sich hervorragend für die Vermittlung politischer Ideologien. Ein Fallbeispiel hierfür ist die Propagandafigur Xiconhoca aus Mosambik. Eine weitere Analyse des Mediums Cartoon wird anhand des südafrikanischen Zeichners Zapiro vorgenommen, der zuerst im Dienst der Antiapartheidbewegung zeichnete und sich später mit der innenpolitischen Lage Südafrikas auseinandersetzte.

 

Die Darstellungen von Alltag nehmen eine bedeutende Rolle in afrikanischen Comics ein und finden sich in fast allen Genres. Als Fallbeispiele für das Thema Alltag in Afrika dienen die sechsbändige Reihe Aya von Marguerite Abouet, der Comic Le retour au pays d’Alphonse Madiba dit Daudet von Christophe N’galle, der zweiteilige Comic Kililana Song von Benjamin Flao und das Projekt À l’ombre du baobab von der Organisation Équilibres & Populations.

 

Ausstellungsplakat von 2015.

Wenn man von Comics spricht, dürfen Superheldencomics natürlich nicht fehlen. Auch der afrikanische Kontinent hat eine Riege an Superhelden hervorgebracht. Es wird das Genre, das Boomen von Afrofuturismus und das Aufkommen eines neuen Panafrikanismus anhand der afrikanischen Comicreihen Supa Strikas und Powerbolt sowie des international erfolgreichen Marvel-Kassenschlagers Black Panther erörtert.

 

Es gibt aber auch Comics, die nicht Moral und Tugend in den Fokus stellen, sondern bewusst mit Konventionen zu brechen suchen, indem beispielsweise Gewalt, Brutalität und Sexualität mit Absicht inszeniert werden. Diese den Konventionen trotzenden, politisch aufgeladenen und unabhängig produzierten Comics wurden als Underground Comix bekannt. Sie erschienen in den USA in den 1960er-Jahren zuerst in College-Humormagazinen und subkulturellen Zeitschriften. Sie konkurrierten nicht mit den traditionellen Comicbüchern am Zeitungskiosk, da sie zumeist über alternative Kanäle vertrieben wurden. Inhalt und Stil der Illustration waren eine bewusste Rebellion gegen die Einschränkungen durch den Comic-Kode von 1954, redaktionelle Richtlinien und Genreformeln traditioneller Comicbücher. Als Fallbeispiel dienen die südafrikanischen Bitterkomix von Anton Kannemeyer und Conrad Botes.

 

Die in dieser Ausstellung vorgestellten Beispiele sollen veranschaulichen, warum sich eine Auseinandersetzung mit dem Medium Comic in den Geschichtswissenschaften lohnt: Comics haben eine eigene Geschichte, sie sind seit über 100 Jahren ein fester Bestandteil unserer Kultur und stellen damit auch eine relevante Quelle zur Erforschung der jüngeren Geschichte unserer Gesellschaft dar.

 

Falls ihnen diese Ausstellung gefallen hat, sie aber noch mehr über afrikanische Comickunst erfahren möchten, dann erscheint noch in diesem Herbst das richtige Buch für sie.

 

Dank gebührt in erster Linie den Studierenden, die durch grosse Motivation und viel Fleiss das Gelingen des Projektes erst ermöglichten.

 

Studierende: David Fretz, Gabriela Giallombardo, Lena Heizmann, Marina Huonker, Patricia Kuhn, Dominique Marconi, Katrin Müller, Raffaele Perniola, Lisa Roulet, Pius Jonas Vögele, Tabea Wullschleger

 

Projektleitung: Corinne Lüthy, Reto Ulrich, Antonio Uribe

Technische Umsetzung: Reto Ulrich

Übersetzung: William Dickinson

 

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